Angeheizte Debatte um Wärmepumpen – Die Macht der Gaslobby

22. Juli 2024

Einleitung

Die Wärmepumpe ist ein hitziges Thema. Oder eher: Sie wurde von der Gas-Lobby zu einem hitzigen Thema gemacht: Die vielen Vorteile in puncto Effizienz, Kosten und Klimaverträglichkeit sind in der medialen Berichterstattung rund um das Thema Wärmepumpe völlig untergegangen bzw. aktiv dementiert worden. »Wärmepumpe« ist mittlerweile zu einem richtigen Reizwort geworden. Durch die Medienhetze gegen Wärmepumpen verbunden mit gleichzeitigen Werbekampagnen für Gas hat sich die Gaslobby einen strategisch guten Fahrplan ausgedacht, um die Gas-Branche noch für ein paar weitere Jahre aufrechtzuhalten. Tief verwurzelte Beziehungen zu Politik, Medien und Stadtwerken haben diese weitreichende Überzeugungskraft ermöglicht, sodass vielleicht auch Sie gezögert haben, Ihre Gasheizung austauschen zu lassen, wo man sie doch auch leicht zu einer Hybridheizung umfunktionieren könnte. Welche Schritte genau hat die Gaslobby unternommen, um die Energiewende auszubremsen?

Politik

Aktuell läuft in etwa jedem zweiten Haushalt in Deutschland eine Gasheizung [1, 4]. Ziel der Gasunternehmen ist es, diesen Status Quo so lange wie möglich zu bewahren. Sie wissen, dass die Energiewende langfristig ihr Ende bedeutet und versuchen deshalb mit allen Mitteln dagegen zu arbeiten. Dazu investieren sie Unsummen an Geld in Lobbyverbände, die sich Märchen ausdenken, wie z.B. dass Gas später ganz einfach durch grünen Wasserstoff und Bio-Methan abgelöst werden könne. Dies behauptet auch die FDP und spricht dabei von »Technologieoffenheit« [1], was wenig überraschend ist, wenn man weiß, dass die Gaslobby ihre Beziehungen u.a. zu dieser Partei z.B. über den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler pflegt (hierauf wird in diesem Artikel noch umfassender eingegangen, sowie auf weitere Aspekte zum Einfluss der Fossillobby). Oder über den SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus, Berichterstatter beim Heizungsgesetz. Als solcher konnte er entsprechend Einfluss nehmen: »Die Transformation der Gasverteilnetze ist mitentscheidend für das Entstehen einer H2-Wirtschaft. Dazu leistet H2vorOrt [Lobbyplattform, die die Ablösung von Gas durch Wasserstoff propagiert] einen sehr wertvollen Beitrag.« [1]

Warum Heizen mit Wasserstoff nicht effizient + sehr teuer ist

Wasserstoff wird größtenteils mithilfe von Erdgas produziert [1, 8], daher bedeutet ein Umschwung auf Wasserstoff keineswegs das Ende der fossilen Energieträger. Zudem geht bei der Produktion viel Energie verloren [5, 6], es ist also nicht mal effizient. Ein weiterer Punkt: Wasserstoff ist hochexplosiv und hochkorrosiv, eine spätere Nutzung der Gasleitungen für Wasserstoff wird damit hinfällig [4]. Das Umweltinstitut München sagt zusammenfassend: »Darum wird das Heizen damit entweder sehr teuer, oder die Heizungen werden weiter mit ebenfalls teurer werdendem Erdgas geheizt« [4]. Und selbst wenn man irgendwann einmal »grünen« Wasserstoff erzeugen würde (also mit Strom aus erneuerbarer Energie), so bräuchte man ca. 5 mal mehr Strom als beispielsweise für eine Wärmepumpe [9].

Es gibt noch viele weitere Beispiele für die Kontakte der Gaslobby zur Politik. Eine Studie der Organisation »LobbyControl« [2] hat zusammenfassend gezeigt, dass die Zahl der Kontakte seit der letzten Regierung sogar noch angestiegen seien, mittlerweile sei es umgerechnet ein Kontakt am Tag. Dadurch hat die Gaslobby eine enorme Einflussnahme auf die Politik und somit einen Weg, eine erfolgreiche Energiewende zu blockieren.

Medien

Auch bei den Medien hat die Gaslobby ihre Finger im Spiel: Der Axel-Springer-Verlag gehört zu ca. 36% der Beteiligungsgesellschaft KKR, die knapp 80% ihres Investments in fossilen Energieunternehmen haben [5]. So kommt es, dass in vielen Bild- oder Welt-Artikeln die Wärmepumpe schlecht gemacht [1, 3, 4, 5, 7] und in diesem Zuge oft von einem »Heizverbot« [7] geschrieben wird und Kosten verklärt werden. Ein paar Beispiele dieser unsachlichen Berichterstattung hat volksverpetzer.de zusammengeschrieben: »Wärmepumpen seien eine ‚Reise in das Grüne Absurdistan‘, weil man manchmal einige Monate warten müsse, bis Handwerker bereit sind (Generalsekretär der CDU), Wärmepumpen nehmen den Deutschen ihr letztes Geld und zerstören ihre Träume vom Eigenheim (Markus Söder), FDP-Abgeordneter Schäffler bezeichnete es gar als ,Atombombe für unser Land‘, Wärmepumpen würden unsere Altersvorsorge angreifen.« [7]

In Großbritannien ist es ähnlich: Dort hieß die Marketing-Kampagne »Hydrogen and the Consumer« [5], die von der Werbeagentur WPR kreiert wurde. Mit manipulativen Fragen hat man auf bestimmte Antworten abgezielt, um damit die Beibehaltung von Gasheizungen bzw. deren Umfunktionierung zu Hybridheizungen zu rechtfertigen. Anstelle einer sachlichen Faktendarstellung, etwa die hohe Effizienz von Wärmepumpen, werden diese sogar noch in Artikeln schlecht gemacht.

Stadtwerke

Im Zusammenhang mit den Stadtwerken taucht vor allem der Name »Zukunft Gas« (Geschäftsführer: Timm Kehler, er ist auch Präsident der NGVA, der Europäischen Lobbyvertretung der Erdgasindustrie) immer wieder auf [1, 4, 5], eine Lobbyorganisation, die sich gezielt an die Stadtwerke wendet, um auch auf die lokale Energie- und Wärmeversorgung Einfluss zu nehmen. Momentan verdienen die Stadtwerke noch am meisten über die Einnahmen aus dem Gasnetz [8], sind also noch ein sicherer Abnehmer von Gas. Damit dies so bleibt, umwirbt die Gaslobby sie mit Plattformen, die ihnen dabei helfen, »den Einbau neuer Gasheizungen unter ihren Kundinnen und Kunden zu bewerben und sich selbst als klimafreundliches Unternehmen darzustellen« [8]; ebenso wird ihnen das Märchen vom Heizen mit Wasserstoff erzählt, dass Gasleitungen später als Infrastruktur für den Transport von Wasserstoff verwendet werden könnten, wie effizient und bezahlbar alles sei [1, 8]. Über solche Strategien hat »Zukunft Gas« schon einige Stadtwerke als neue Mitglieder gewonnen, die alle Mitgliedsbeiträge zahlen und dadurch weitere Werbekampagnen der Gaslobby mitfinanzieren. [8]

Schluss

Die ganze Lobbyarbeit war so »erfolgreich«, dass der Ausstieg aus dem fossilen Heizen in Deutschland weiter nach hinten verschoben wurde [1]. Die Gasindustrie hat also wieder ein paar Jahre gewonnen und wird auch zukünftig versuchen, den Ausstieg aus Gas so weit wie möglich hinauszuzögern. Immer wieder heißt es, Klimaschutz sei teuer, während Millionenbeträge in Lobbyarbeit investiert werden (2021 über 40 Millionen Euro von Unternehmen und Lobbyverbänden der Gasindustrie [2]), um eine Branche ohne Zukunft noch etwas länger zu halten. Die Gasindustrie und deren Lobbyvertreter, auch in der Politik, nehmen damit wissentlich in Kauf, dass viele Menschen leiden und sterben werden (siehe [10]), nur damit sie noch wenige Jahre länger Rekordgewinne einnehmen können.

Ein sehr kurzsichtiges Ziel, das wir als Verbraucher aber nicht mitmachen müssen, denn am Ende geht deren Rechnung nur auf, wenn wir weiterhin Gas kaufen. Wir können mit Ökostrom heizen, sei es mit Wärmepumpen, günstigeren Klimaanlagen (sogenannte Split-Klimaanlagen, die auch effizient heizen können) oder ggf. mit Infrarotheizungen. Zum Einbau einer Wärmepumpe in Kombination mit der Installation von Solaranlagen haben wir kürzlich einen Erfahrungsbericht hochgeladen, in dem Sie ein paar praktische Einblicke bekommen.