web analytics

Regenwald schützen, aber wie?

 

Der Amazonische Regenwald und Reservate wie das Pantanal sind einmalige Naturdenkmäler, deren Besuch für immer prägen können. Nirgends findet man geballt so viel und vielfältige Natur. Doch Artenvielfalt (über 2/3 aller bekannten Arten leben in tropischen Wäldern) und atemberaubende Landschaften verschwinden derzeit in einem dramatischen Tempo, beispielsweise in Brasilien, indem etwa 70% des Amazonasbeckens liegen. Dort wird Regenwald derzeit so schnell abgeholzt, wie noch nie zuvor. Inzwischen stößt der Amazonische Regenwald dadurch sogar mehr CO2 aus, als er bindet [1]. Die ‚Lunge der Erde‘ steht vor dem Kollaps. Was können wir aus der Ferne dagegen tun? Sehr vieles!

Fleisch und Soja

Nach Brandrodung. IBAMA, Brasilien, Wikimedia, CC BY-SA 2.0

Die Viehzucht ist weltweit der Treiber für den Verlust an natürlichen Lebensräumen [2]. Das trifft im besonderen Maße auch für Brasilien zu. Dort ist die Viehzucht historisch für etwa 80% der legalen und illegalen Rodung des Regenwaldes verantwortlich, die immer schneller voranschreitet [3]. Mit der Viehzucht in Zusammenhang steht der immense Anbau von Soja, dem ebenfalls viel Regenwald zum Opfer fällt. Der Anbau hat sich in den letzten Jahren vervierfacht [4]. In manchen Gegenden werden auf 40% der gerodeten Flächen Soja angebaut [5]. Soja aus Brasilien wird vor allem für die Viehzucht produziert, auch für die Viehzucht hier in Europa [6]. Dabei darf man nicht davon ausgehen, dass nur legal angebautes Soja zu uns gelangt: Je nach Anbaugebiet soll von der EU bis zu 95% (im Falle des größten Anbaugebietes Mato Grosso [7]) des importierten Sojas auf illegal gerodetem Gebiet angebaut worden sein. Insgesamt soll mindestens 1/5 des von der EU importieren Sojas aus illegal gerodeten Gebieten stammen [8,9].

Grasaufwuchs nach Brandrodung. IBAMA, Brasilien, Wikimedia, CC BY-SA 2.0

Viele Menschen vermuten gerne, dass vor allem Tofu als Sojaprodukt problembehaftet ist. Doch tatsächlich wird Soja hauptsächlich als Tierfutter eingesetzt. Möchte man nicht an der Rodung des Amazonischen Regewaldes beteiligt sein, könnte man also statt Fleisch pflanzliche Proteinquellen wählen (Samen, Hülsenfrüchte, Nüsse u.v.m.), die ähnlich viel Protein enthalten wie Fleisch (z.B. schwarze Bohnen oder Kichererbsen). Wer Tofu liebt, kann auf das Etikett schauen und Tofu wählen, das in der EU produziert wurde. Wer noch mehr tun möchte kann sich gegen das Handelsabkommen Mercosur engagieren (siehe Links unten). Zwar wurde die aktuelle Fassung auch durch den hohen Druck der Öffentlichkeit [10] kürzlich von der EU abgelehnt, jedoch ist die Agrarindustrie weiter aktiv, um das Abkommen doch noch zu retten. Mercosur wird den Import aus Brasilien noch weiter vereinfachen und soll Klauseln enthalten, um Handelsbeschränkungen aus Klimaschutz-Gründen zu verhindern.

 

Doppelte Wirkung: Regenwaldschutz und Klimaschutz

Die Reduktion des Fleischkonsums hat einen mehrfachen Nutzen: Weniger Fleischkonsum bedeutet nicht nur weniger Brandrodungen, sondern auch weniger Treibhausgase. Denn zum einen produzieren Rinder nicht nur sehr viel des besonders klimaschädlichen Methans (das 25x klimaschädlicher ist als CO2), sondern auch durch die geringere Produktion von Tierfutter (Soja) wird weniger künstliche Stickstoffdünger eingesetzt, durch den Distickstoffmonoxid entsteht, das fast 300x schädlicher für das Klima ist als CO2 [11]. Und dass wirklich Massen an Tierfutter so produziert werden, zeigt folgende Überlegung: Auf unserer Erde machen Menschen und für die Nahrungsmittelproduktion gehaltene Tiere (Rinder, Schweine, etc.) inzwischen 96% aller Landsäugetiere aus (wilde Säugetiere stellen also nur 4% der Biomasse an Säugetieren dar) [12]. Von den 96% sind nur etwa ein Drittel Menschen, der Rest (also 60%) sind für die Nahrungsmittelproduktion gehaltene Säugetiere, die ernährt werden müssen, um selbst Nahrungsmittel zu sein.

Und zu guter Letzt gibt es natürlich weitere, gesundheitliche Vorteile einer eher pflanzenbasierten Nahrung [13]. Viele „Zivilisationskrankheiten“, wie Gefäßerkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes Typ II, Darm- und andere Krebsarten u.a. gehen auf tierische Nahrung, vor allem gesättigte Fettsäuren, zurück.

Durch einen bewussten oder reduzierten Fleischkonsum lässt sich also einiges ändern: Die eigene Gesundheit dankt es einem und man ist nicht länger Teil der in vielerlei Hinsicht zerstörerischen Wirkung der „modernen“ Fleischproduktion.

 

Weitere Informationen:

Soja und Fleisch:

Mercosur:


Quellen

  1. Artikel im Spiegel 03.05.2021 “Warum der Amazonas-Regenwald zur CO₂-Schleuder wird“.
  2. Machinova, B. et al. 2015. Biodiversity conservation: The key is reducing meat consumption. Sci. Tot. Environ. 536: 419-431. Online.
  3. Veiga, J.B. et al. 2003. Cattle Ranching in the amazon rainforest. XII World Forestry Congress, Québec City, Canada, 2003. Online.
  4. Artikel in der RNZ 08.06.2021 “Soja-Anbau im Amazonas binnen weniger Jahre vervielfacht“.
  5. Carvalho, W.D. et al., 2019. Deforestation control in the Brazilian Amazon: A conservation struggle being lost as agreements and regulations are subverted and bypassed. Perspect. Ecol. Cons. 17: 122-130. Online.
  6. Zell-Ziegler, C. 2017. Is the EU a major driver of deforestation in Brazil? Online.
  7. Artikel von Global Canopy 02.06.2020 “EU soy imports linked to illegal deforestation in Brazil“.
  8. Artikel von EURACTIV 17.07.2020 “Brazil exports to EU produced on illegally cleared land: report“.
  9. Bericht von Mondabay 30.10.2019 “China, EU are importing soybeans from unregistered Brazil farms: report
  10. Artikel auf Food navigator 22.07.2020 “EU-Mercosur deal faces mounting opposition as soy and beef exports drive deforestation in Brazil
  11. Solomon D. et al. 2007. Climate Change 2007: The physical science basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, Chapter 2, Table 2.14. Online.
  12. Bar-on Y. et al. 2018. The biomass distribution on Earth. Proceedings of the National Academy of Sciences 115 : 201711842. Online.
  13. Diverse wissenschaftliche Artikel über pflanzenbasierte Ernährung in Videoform zusammengefasst (Englisch): https://nutritionfacts.org/topics/plant-based-diets/

Das könnte dich auch interessieren …