web analytics

Wie Klimaschutz aussieht – Zu Gast bei den Energiewendetagen in Heidelberg

„Klimaneutral leben? Geht das überhaupt?“

Viele Menschen fragen sich, wie man ganz praktisch irgendwann klimaneutral leben soll. Oder ob das überhaupt realistisch ist. Das fragte ich mich auch. Daher wurde ich hellhörig, als ich von den Energiewendetagen in Heidelberg hörte, bei denen Hauseigentümer ihre Häuser für Interessierte öffnen sollten, unter dem Motto „Wegen Sanierung geöffnet“. Sogar Fachleute von der KLiBA sollten vor Ort sein (einer gemeinnützige Klimaschutz- und Energie-Beratungsagentur). Also beschloss ich kurzerhand mir das genauer anzuschauen. Mich interessierte zum einen, ob man auch in alten Wohnhäusern (von denen es in Heidelberg so viele gibt) tatsächlich sinnvoll dämmen und emissionsarm heizen kann. Und zum Zweiten, was eine Solaranalage tatsächlich bringt.

„Mit Kreativität ist selbst unter erschwerten Bedingungen sehr viel möglich!“

Auf Dämmung aus Lehm und Weichholzfasern angebrachte Wandheizung (Beispiel eines anderen Hauses, Bild von Wikimedia, Volker Sauer, CC BY-SA 4.0).

Das erste Haus war ein denkmalgeschütztes ehemaliges Bahnhofsgebäude. Nicht gerade geeignet für eine energetische Sanierung, zumal wegen Denkmalschutz eine Außendämmung nicht in Frage kam. Die Lösung der Eigentümer war erstaunlich einfach, wenngleich vielen Handwerkern nicht bekannt. Denn oft raten Handwerker von einer Innensanierung ab, da es zu Schimmelbildung kommen kann, wenn sich die Feuchtigkeit in der Wand sammelt (Stichwort „Taupunkt“, für mehr Information siehe Box unten). Die Lösung waren zum einen Dämmstoffe, die den Wasserdampf nicht aufhalten, sondern durch die Wand passieren lassen, und zum zweiten wurde die Wand kurzerhand zu einer Flächenheizung umgewandelt, wodurch das Schimmelproblem gelöst wurde. Denn in einer warmen Wand wird es nicht feucht genug für Schimmel. Wie sah das ganze praktisch aus? Zunächst wurde mit Holzfaserplatten gedämmt. Darauf wurden in Eigenarbeit Schläuche verlegt (es gibt hierfür wohl fertige Sets zum selbst verlegen), durch die beim Heizen erwärmtes Wasser geleitet wird. Darauf wurde eine Schicht aus Baulehm aufgebracht und diese wurde am Ende gestrichen, so dass die Wand wie eine normale Wand aussah. Baulehm wurde genommen, weil er ebenfalls wasserdurchlässig ist, aber gleichzeitig auch die Feuchtigkeit im Raum regulieren kann (das soll zu einem angenehmen Raumklima führen). Diese Kombination aus Holzfaserplatten, Flächenheizung und Baulehm ist sicher ungewöhnlich, zumindest noch. Doch dadurch wurden trotz Denkmalschutz gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: 1. Dämmung realisiert, 2. Schimmelproblem gelöst und 3. eine Flächenheizung im Altbau realisiert, die sogar von einer Wärmepumpe betrieben werden könnte (das hat der Denkmalschutz leider verboten, es wurde daher eine Pelletheizung). Mit Kreativität ist also selbst unter erschwerten Bedingungen sehr viel möglich! Man muss nur Handwerker finden, die sich entsprechend auskennen (z.B. den Fachhandelsverbund für ökologisches Bauen und Wohnen).

Solar-Panels

Zugebenermaßen beeindruckt ging es anschließend zu einem moderneren Haus, auf dem der Besitzer eine Photovoltaikanlage installiert hatte. Auf dem nicht sehr großen Dach war eine 8 kWp (gesprochen 8 Kilowatt Peak) Solaranlage montiert. Diese Einheiten muss man erst mal verstehen. Watt oder Kilowatt (kW) kennt man von der Stromrechnung, aber wieso Peak? Nun, das soll ausdrücken, dass so eine Anlage maximal 8 Kilowatt ausspucken kann, also wenn die Sonne scheint und im perfekten Winkel zu den Solarpanelen steht. Aber im Grunde kann uns das Peak jetzt egal sein. Also als erstes ging es in den Keller zum Herz der Elektrik. Dort war ein großer Wechselrichter (der den Strom der Solaranlage in 230 V Wechselstrom umwandelt) und ein Batteriespeicher. Auf diesen war ich besonders neugierig, hatte ich mir doch einen ganzen Schrank voller Akkus vorgestellt. Doch der Speicher war nur etwa Nachttisch-hoch und kaum breiter als eine Autobatterie. Knapp 8 kWh sollte er speichern – worunter ich mir nicht viel vorstellen konnte. Interessant war aber, dass der Strom von der Solaranlage sehr effizient genutzt wurde. Wurde mehr Strom geerntet als verbraucht, ging dieser zunächst in den Batteriespeicher. Wenn dieser dann voll war, wurde das Warmwasser zusätzlich erhitzt (es gab dafür eigentlich einen separaten Ofen, aber der Strom sollte nicht verschwendet werden). Erst wenn auch das Wasser warm genug war, wurde in das öffentliche Netz eingespeist. Und für den Fall, dass mal der Strom ausfallen sollte, gab es noch eine Notstromschaltung, so dass man den Strom aus der Batterie nutzen können sollte. Diese effiziente Nutzung von Energie fand ich faszinierend und ich bekam Lust, mich mehr mit dem Thema zu befassen. Wieso haben nicht mehr Häuser solche coolen Installationen, fragte ich mich. Und wieso bekam der Hausbesitzer nur 6 Cent pro Kilowattstunde für die Einspeisung und muss selber ca. 40 Cent für dieselbe Menge zahlen? Kein Wunder, dass jede geerntete Kilowattstunde zuerst einmal selber genutzt werden sollte.

“Lust auf mehr – und neue Chancen für Wirtschaft und Handwerk”

Die gesehenen Häuser haben Lust auf mehr gemacht. Mehr schlaue Ideen, mehr coole Zukunft in unseren Städten. Und viele neue Chancen für Wirtschaft und Handwerk. Ich habe gesehen, was geht, auch in alten Gebäuden. Ich kann sie jetzt sehen, unsere Zukunft in der wir uns keine Sorgen mehr um Gaspreise machen müssen, in der wir uns abends über den am Tag geernteten Strom freuen. Mir fehlt nur noch das Haus, um das alles schon heute zu realisieren. Haben Sie eines? Dann legen Sie los!

Was ist der Taupunkt?
Bei alten Gebäuden dringt das Wasser in der Luft (wir atmen ja immer feuchte Luft aus) durch die Wand und Ritzen bis in den Außenbereich der Wände und kondensiert dann irgendwann, weil die Luft in der Außenwand abgekühlt wird (kalte Luft kann weniger Wasser halten als warme Luft). Wenn man im Inneren gut dämmt, wird die Luft nicht erst im Außenbereich der Wand abgekühlt, sondern schon weiter innen. Sammelt sich die Feuchtigkeit dort an, kann Schimmel gedeihen. Daher verwendet man oft eine wasserundurchlässige Folie (eine „Dampfbremse“), die die feuchte Luft aufhalten soll. Kommt es aber doch zu einer unvollständigen Abdichtung (oder jemand haut einen Nagel in eine solche Wand), gelangt die Feuchtigkeit doch in die Wand.

Das könnte dich auch interessieren …