Innehalten für den Schutz des Klimas
Was tun, wenn manche von uns Klimaschutz für »grünes« Anliegen halten?
Wieso halten viele von uns Klimaschutz für ein »grünes« Anliegen? Wir alle atmen dieselbe Luft, wir alle trinken dasselbe Wasser, oder nicht? Wir können uns nicht aussuchen, in welche Familie wir hineingeboren werden. Manche Eltern fühlen sich naturverbunden und geben diese Verbundenheit an uns weiter. Manche Eltern fühlen sich der Wirtschaft näher als der Natur und geben diese Sichtweise an uns weiter. Gerade in Städten kann es leicht passieren, dass man unsere biologische Abhängigkeit leicht aus dem Auge verliert, kann man doch Nahrung einfach im Supermarkt kaufen, das Wasser kommt aus dem Wasserhahn. Wir machen uns selten bewusst, wie abhängig wir sind. Auch wenn wir es rational wissen, begreifen wir es oft nicht. Wir denken nicht an den Ozean, wenn wir Kaffee trinken oder an unsere Abhängigkeit von Insekten und Wasser, wenn wir zu Abend essen.
Wir verlieren uns leicht im menschengemachten Stress in der Arbeitswelt, die uns antrainiert, wie wichtig Wirtschaft, Bruttoinlandsprodukt oder Deadlines sind. Und haben wir endlich Feierabend, wollen wir einfach ausruhen und bei Social Media, Internet oder Fernsehen entspannen, um den ganzen Stress zu vergessen. Artensterben oder die Klimakatastrophe passt einfach nicht rein in unser Leben. Oder eben nicht in unsere Ansichten. Und klar, am Ende können wir eh nichts tun und Klimakleber nerven nur, oder nicht? Wir sehen unser hart erarbeitetes Glück bedroht. Das Problem ist nur, dass wir durch diesen Umgang mit dem Thema die Klimakatastrophe, die weitausmehr als unser Glück bedroht, nicht lösen.
Doch es liegt alles in unserer Hand, wir sind unseres eigenen Glückes Schmied, wie man so schön sagt. Ein erster Schritt ist innezuhalten und zu sehen, was unser Leben mit uns macht. Führen wir unser Leben oder führt es uns? (Wir führen es selbstverständlich und wir sind ja glücklich. Natürlich, oder?) Wie viele Stunden des Tages leben wir für uns und wie viele für die Arbeit? Machen wir, was uns im Leben wirklich wichtig ist? Haben wir genug Zeit für die, die uns lieb sind? Dieser erste Schritt, das innehalten, scheint klein, doch es ist ein riesiger Schritt. Wir können nur glücklich werden, wenn wir merken, was mit unserem Leben passiert. Wenn wir Entscheidungen bewusst treffen.
Wenn wir uns dafür bewusst entscheiden, täglich 8 oder 10 Stunden zu arbeiten, kann dies sehr erfüllend sein, wenn wir wissen, dass unsere Arbeit wirklich wichtig ist. Erfüllt uns unsere Arbeit aber nicht, so kann es – oft ohne dass wir es merken – eine Qual sein, die meiste Zeit des Tages zu arbeiten und in Deadlines oder Terminen gefangen zu sein. Am Ende unseres Lebens bereuen wir vielleicht, nicht mehr Zeit mit unseren Kindern oder Freunden verbracht zu haben. Halten wir also lieber inne und nehmen uns die Zeit, uns über uns und unsere Lebensweise bewusst zu werden. Warum tun wir, was wir tun. Möchten wir unser Leben führen, wie wir es tun? Was ist uns wirklich wichtig und wie können wir es schaffen so zu leben wie wir es uns tief im Herzen wünschen? Welche Wirkung hat unser Leben auf andere? Welche Wirkung haben andere auf uns? Was möchten wir hinterlassen. Oft sind es aber nicht nur andere Menschen, die bestimmen, wie wir leben, sondern unsere eigenen Vorstellungen. Und sehr oft sind es diese Vorstellungen, die uns unglücklich machen. Ein guter Mensch arbeitet hart, nicht wahr? Als Abteilungsleiter brauche ich ein anständiges Auto, leider kann ich es mir nicht leisten. Kindererziehung muss so oder so aussehen. Ich möchte genauso coole Reisen wie meine Kollegen machen können. Die Nachbarskinder nehmen auch täglich neue Freizeitangebote wahr, ich sollte es meinem Kind auch ermöglichen. Ich entscheide selber mein Leben und lasse mir nicht reinreden. Wirtschaft ist wichtiger. Solidarität ist wichtiger. Es ist ganz schön schwer, sich von diesen Vorstellungen zu lösen und wirklich frei zu entscheiden. Diese Schwierigkeit anzuerkennen ist wichtig. Schließlich haben wir von Geburt an gelernt, wie ein Leben auszusehen hat. Doch es ist ungemein befreiend, festzustellen, dass man außerhalb des Gedankengebäudes handeln kann und echte Freiheit kennenlernt. Je tiefer man schaut, desto mehr erkennt man die eigenen Bedürfnisse.
Am Ende suchen wir alle nach Glück, nach Zeit mit Menschen, die uns lieb sind, nach Aufgaben, die wirklich zählen. Und vielleicht erkennen wir, dass wir alle dasselbe Wasser trinken und dieselbe Luft atmen. Die, denen die Natur näherliegt, und die, denen die Wirtschaft näher liegt. Auch die, die andere Vorstellungen haben. Die, die wir mögen oder die, die wir nicht leiden können, weil sie nicht unsere Vorstellungen teilen (sind wir womöglich wieder gefangen?). Vielleicht nehmen wir unsere Vorstellungen am Ende weniger wichtig und nehmen uns dafür wichtiger. Dann sehen wir nicht den Feind, mit der grünen Ideologie, oder den Feind mit der kapitalistischen Denke, sondern Menschen, wie wir, die nichts dafür können, in eine bestimmte Familie hineingeboren zu sein und denen Vorstellungen sehr wichtig sind. Wir könnten im friedlichen Gespräch Unterschiede bewertungsfrei (also ohne andere nach den eigenen Vorstellungen zu bewerten) erkennen und eigene Gefühle zum Ausdruck bringen. Sicher ist eines, wir alle wollen doch nur in Freiheit, Sicherheit und ohne Mangel leben.