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Erfahrungsbericht: Flexitarisch essen

Flexitarisch essen

Es gibt mittlerweile so viele pflanzliche Alternativen, von Sojageschnetzeltem über Kokosjoghurt bis hin zu zahlreichen Pflanzendrinks wie Hafer-, Soja- oder Mandelmilch (einige sogar in der Barista-Variante, damit man sie für den Kaffee aufschäumen kann). Und auch in Restaurants, in Cafés und in Mensen sieht man immer häufiger vegane Menus. Warum bin ich dann immer noch nicht vegan? Warum »noch nicht mal« vegetarisch? Zwar ist mein Fleischkonsum mittlerweile sehr gering, aber komplett darauf verzichten tue ich noch nicht. Was hält mich noch davon ab?

Genuss

Eine flexitarische Ernährungsweise bedeutet, flexibel-vegetarisch zu essen, d.h. ab und an Fleisch und Fisch in die Ernährung zu integrieren, aber den Konsum grundsätzlich auf einem geringen Level zu halten und dabei auf die Qualität des Fleischs zu achten. [1]

Viele der Essgewohnheiten werden einem von zu Hause mitgegeben, und da ich aus einer Familie komme, die gerne Fleisch isst, habe ich erst spät angefangen, mich intensiv und auch kontinuierlich mit dem Thema vegetarischer/veganer Ernährung auseinanderzusetzen. Zudem kaufen meine Eltern ausschließlich gutes Fleisch von Metzgereien, bei denen klar ersichtlich ist, wo das Fleisch herkommt, deshalb dachte ich, es ist weniger schlimm, dieses Fleisch zu essen als Billigfleisch. Mit meinem Auszug von zu Hause musste ich jedoch die Zutaten meinem Geldbeutel anpassen und konnte nicht regelmäßig teures Fleisch vom Metzger kaufen. Ich wollte aber auch nicht das billigste nehmen, also bin ich auf die Sachen von der Frischetheke im Supermarkt ausgewichen. Für den Anfang war das okay, aber mit der Zeit wurde ich immer unzufriedener: Immer häufiger habe ich im Hackfleisch knorpelige Knubbel geschmeckt, mehr und mehr fiel mir beim Geflügel auf, dass ich so viele Sehnen wegschneiden musste, dass ich mich gefragt habe, wofür ich hier mein ganzes Geld ausgegeben hatte. Das hatte mir das ganze Essen kaputt gemacht, und weil ich mich zunehmend fast eklig danach gefühlt habe, habe ich vermehrt nach vegetarischen Gerichten gesucht, häufig über Foodblogs und Youtube. Fleisch habe ich dann nur noch selten gekauft, wenn ich mal Lust drauf hatte (die Enttäuschung nach dem Essen blieb jedoch). Außerhalb der eigenen Küche, im Restaurant, beim Bahnhofsbäcker oder eben zu Hause bei meinen Eltern, habe ich weiterhin Fleisch gegessen.

Tahini

Durch das Zusammensuchen von vegetarischen Rezepten, von denen einige auch gleich vegan waren, habe ich gemerkt, wie breit das Spektrum an leckerem Essen außerhalb von Fleisch ist. Es gab so viele neue Lebensmittel, die ich vorher noch nie ausprobiert hatte, weil ich immer auf die gängigen Rezepte von zu Hause fokussiert war (die mir aber nach wie vor auch sehr gut schmecken). Zum Beispiel Tahini, eine Sesampaste, die verrührt mit Zitronensaft, Salz, Olivenöl und Ahornsirup ein super leckeres Dressing ergibt. Cremig, frisch und vielfältig einsetzbar. Oder Sojasauce, natürlich war das jetzt keine Neuentdeckung für mich, aber die verschiedenen Zubereitungsarten auf jeden Fall, die Kombinationen mit anderen Lebensmitteln, um z.B. eine intensive Sauce zu erhalten. Es gab so viel Neues für mich zu entdecken und aufzuholen, was ich bisher »versäumt« hatte, dass für Gedanken ans Fleisch vermissen gar keine Zeit war. Über Instagram hole ich mir mittlerweile regelmäßig Nachschub für neue Rezepte, wie z.B. bei den Instagram-Kanälen fitgreenmind und veganewunder:

Instagram fitgreenmind

fitgreenmind: Regelmäßig leckere und kreative vegane Rezepte, die Zubereitung ist im Reel zu sehen und noch einmal darunter mit allen Zutaten aufgeschrieben, sowohl auf englisch als auch auf deutsch!

Instagram veganewunder

veganeswunder: Ein weiterer inspirierender Koch- und Rezepte-Kanal, durch den man beim Nachmachen der leckeren Gerichte immer wieder ein sogenanntes »veganes Wunder« erlebt!


Wenn ich jedoch zu Feiertagen oder in den Ferien nach Hause fahre, esse ich alles normal mit, so auch weiterhin die Fleischgerichte. Und zugegeben: Ich esse sie nicht nur mit, weil es mir zu aufwändig ist, mir jedes Mal eine Extrawurst zu kochen (wortwörtlich), sondern auch, weil ich sie nach wie vor sehr lecker finde. Doch je mehr ich mich mit dem Thema Umwelt- und Klimaschutz auseinandersetze, desto häufiger merke ich, dass mir der Fleischkonsum manchmal zu viel wird. Wenn ich Artikel lese und Diskussionen schaue, bei denen ich den Eindruck bekomme, dass sowieso alles im Eimer ist, fühle ich mich immer so ohnmächtig, weil ich ja weiß, dass ich als Einzelperson nichts an der Gesamtsituation ändern kann. Aber meine eigene Situation kann ich ändern, ich kann trotzdem klimafreundlicher handeln und mich dadurch ein bisschen weniger ohnmächtig fühlen, weil ich aktiv und bewusst etwas mache, z.B. indem ich mich mehr und mehr pflanzlich ernähre. Deshalb schlage ich zu Hause dann auch ab und zu andere Rezepte vor, koche etwas, was ich ausprobiert hatte und von dem ich begeistert war, und meistens ist es meine Familie auch.

Instagram Golden Tofu Bites
Die »Golden tofu bites« vom Instagram-Kanal fitgreenmind haben uns wirklich begeistert! Hier geht’s zum Rezept: https://www.instagram.com/reel/CqQ6nVJKLJI/?igshid=YmMyMTA2M2Y%3D

So kam es, dass wir vor kurzem das erste Mal Tofu ausprobiert haben. Ich hatte ich es vorher nur einmal im Restaurant probiert, wo es mir gar nicht geschmeckt hat, weil es auch einfach nach nichts geschmeckt hat. Weil Tofu aber in zahlreichen Instagram-Reels immer wieder hochgepriesen wurde, wollte ich es doch noch einmal ausprobieren, habe ihn mit zwei verschiedenen Gewürzvarianten zubereitet – und war begeistert: Ich habe wieder etwas ganz Neues entdeckt, was geschmacklich definitiv ein Treffer war (für uns alle) und was ich direkt nochmal zubereiten wollte, in anderen Gewürzvariationen, mit anderen Saucen. Wie viele neue Rezepte sich dadurch ergeben ­– es hat für mich die Bandbreite an veganen Gerichten definitiv nochmals erweitert. Von der Konsistenz hat es tatsächlich wie Fleisch geschmeckt, weshalb ich umso weniger glauben konnte, dass das Essen komplett vegan war. Kurz: Ich war super glücklich nach dem Essen.

Da die Gewohnheit jedoch immer noch stärker ist als der Geschmack, schaffen es die veganen Rezepte (noch) nicht ins übliche Rezepte-Repertoire zu Hause, sodass es weiterhin häufig Fleisch gibt, was ich dann mitesse, denn es schmeckt mir nach wie vor. Außer zu Hause esse ich allerdings mittlerweile kein Fleisch mehr. In meiner eigenen Küche koche ich überwiegend vegane Rezepte. Was mich aber noch hauptsächlich daran hindert, die pflanzliche Ernährung komplett durchzuziehen, ist meine Schwäche für Kuhmilch. Viele sagen, Milch sei am einfachsten zu ersetzen, für mich ist es am schwierigsten. Ich habe viele Pflanzendrinks ausprobiert, Hafer, Soja, Hafer-Soja, Mandel, Reis – sie haben alle einen zu starken Eigengeschmack für mich und dadurch schmeckt mir der Kaffee überhaupt nicht mehr. Meine Hoffnung: Im Café schmeckt mir ein Hafermilch-Kaffee manchmal ganz gut, vielleicht muss ich einfach noch das richtige Mischungsverhältnis, den richtigen Kaffee, die richtige Hafermilch finden. Ich denke, vieles ist auch einfach Gewohnheit. Eier und Käse sind die nächste Baustelle, da wollte ich mich noch intensiver mit den pflanzlichen Alternativen beschäftigen. Ich habe zum Beispiel schon oft Rühr-»Ei« aus Tofu gesehen, das wird auf jeden Fall ausprobiert.

Tofu Rührei

Ich denke, jeder der sich gerne mehr vegan (oder erstmal vegetarisch) ernähren möchte und auf der Suche nach leckeren Gerichten ist, findet für sich seine »Knaller«-Rezepte, die ihr/ ihm super lecker schmecken und die sich dadurch automatisch in die eigene Küche integrieren. Es ist eben vor allem Geschmackssache und Geschmäcker sind verschieden, aber die vegane Küche ist so vielfältig, so breit aufgestellt, dass ich mir sicher bin, dass jeder etwas für sich findet.






[1] vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Flexitarismus, aufgerufen am 29.04.2023